Es gibt Erkrankungen, bei denen keine Aussicht mehr auf Heilung besteht. Patienten werden dann aber nicht einfach aufgegeben. Nun greift die sogenannte Palliativmedizin. Sie hat zum Ziel, die verbleibende Lebenszeit so angenehm wie möglich zu machen.
Es gibt verschiedene Ansätze, von denen unheilbar Kranke profitieren können. Neben der Beseitigung von Schmerzen spielt auch die psychische und emotionale Komponente eine wichtige Rolle. Nur wenn das Gesamtpaket stimmt, fühlt sich der Patient auch mit Blick auf den bevorstehenden Tod wohl.
Wir verraten heute, warum die Palliativmedizin schwerkranke Menschen schützend umhüllt. Zudem erklären wir, warum auch Angehörige unbedingt mit einbezogen werden sollten.
Was ist die Palliativmedizin?
Sterben war lange ein Tabuthema, das im stillen Kämmerlein vollzogen wurde. Im Jahr 1983 hat die Deutsche Krebshilfe die erste Palliativstation in Deutschland gegründet. Im weiteren Verlauf wurden viele weitere Stationen und Hospize deutschlandweit eröffnet. Doch worum handelt es sich bei der Palliativmedizin überhaupt?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) versteht darunter eine „aktive und ganzheitliche Behandlung von Patienten, die an einer fortschreitenden Erkrankung mit einer begrenzten Lebenserwartung leiden. Hierbei besitzt die Beherrschung von Krankheitsbeschwerden und die psychologische, soziale und auch seelsorgerische Betreuung höchste Priorität.“

Die Palliativmedizin stellt den Patienten in den Vordergrund, ohne sich ausschließlich auf seine Beschwerden zu fokussieren. Schließlich gibt es vieles, was schwerkranke Menschen in ihrer verbleibenden Zeit beschäftigt.
Ein umfassender Ansatz respektiert auch die seelischen und spirituellen Bedürfnisse. Zudem ist es der Palliativmedizin ein Anliegen, soziale Probleme zu lösen und beratend zur Seite zu stehen.
Kurzum: die Palliativmedizin hat den Wunsch, mehr Lebensqualität in der letzten Lebensphase zu verleihen. Dafür ist natürlich, aber nicht nur, eine konsequente Behandlung von Beschwerden notwendig. Das kann mit einem ausgeklügelten Therapiekonzept erreicht werden.
Auf einen Blick: Ziele der Palliativmedizin
- Hilfe bei der Schmerzbewältigung, unter anderem mit Medikamenten
- Unterstützung bei organisatorischen Tätigkeiten
- Psychosozialer Beistand
- Emotionale Hilfe, auch für Angehörige
- religiöse und spirituelle Begleitung
Wer kann eine Palliativmedizin in Anspruch nehmen?
Die palliativmedizinische Versorgung richtet sich an alle Patienten, die unheilbar krank sind. Ein zentraler Bestandteil ist dabei quälende Symptome unter Kontrolle zu bringen, indem sie effektiv gelindert werden.
Zu den häufigsten Beschwerden am Lebensende, insbesondere bei Krebserkrankungen, zählen Schmerzen, Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Atemnot, Übelkeit, Erbrechen und Verdauungsprobleme.
Die Palliativmedizin widmet sich also unter anderem der Beschwerdelinderung. Durch die Gabe von Medikamenten kann allerdings der Todeseintritt nicht beeinflusst werden.
Menschen, die eine Palliativversorgung in Anspruch nehmen, sterben dadurch nicht schneller oder langsamer. Es geht lediglich darum, dem Sterbenden eine möglichst angst- und schmerzfreie letzte Zeit zu ermöglichen.
GUT ZU WISSEN!
Die Palliativmedizin sieht den Sterbeprozess als einen natürlichen Vorgang an. Diese Ansicht fließt auch in den Umgang mit Patienten ein.
Palliativmedizin: gemeinsam für den Patienten
Die Palliativmedizin sieht sich zahlreichen Aufgaben gegenüber. Der Sterbende hat verschiedene Bedürfnisse, die nur durch ein Zusammenarbeiten verschiedener Berufsgruppen erfüllt werden können.
Mediziner, Psychologen, Seelsorger, Sozialarbeiter und nicht zuletzt die Pflegekräfte tragen entscheidend dazu bei, dass sich der Patient wohl fühlt. Dabei ist eine enge Zusammenarbeit unbedingt erforderlich.
Auf diese Weise können Informationen ausgetauscht und die Behandlung angepasst werden.
Palliativmedizin: Patienten können wählen
Wenn feststeht, dass ein Patient von einer Palliativversorgung profitieren kann, müssen zunächst die Fragen beantwortet werden, welche Beschwerden besonders quälend sind und welche Patientenbedürfnisse bestehen. Auch die Wünsche der Angehörigen sollten ermittelt werden.
Durch das Zusammentragen der Informationen kann beurteilt werden, wie komplex das Krankheitsbild ist. Auch die individuelle häusliche Situation kann zur Entscheidung beitragen, welche Palliativform am besten für den Patienten geeignet ist.
Aus folgenden Angeboten können Schwerkranke wählen:
- allgemeine Palliativversorgung (APV)
- spezialisierte Palliativversorgung (SPV)
- Angebote wie Hospizdienste oder Hospize
Die allgemeine Palliativversorgung kommt zur Anwendung, wenn die Symptome relativ gering ausgeprägt sind. Dann können Behandlungsangebote im Krankenhaus, in der Pflegeeinrichtung oder ambulant mithilfe eines Pflegedienstes oder Hausarztes in Anspruch genommen werden.
Stellt sich das Beschwerdebild deutlich komplexer dar oder leidet der Patient an ausgeprägten Symptomen, sind spezialisierte Fachkräfte notwendig. Die spezialisierte Palliativversorgung kann nur von einem Mediziner verordnet werden.
Auch diese Form kann ambulant oder stationär erfolgen. Entscheiden sich Betroffene für eine ambulante Durchführung, steht ihnen ein ganzes Team zur Seite. Um stationäre Angebote in Anspruch zu nehmen, begeben sich die schwerkranken Patienten in Abteilungen, die an Krankenhäuser angebunden sind.
Palliativmedizin in den eigenen vier Wänden

Viele Sterbende haben den Wunsch, Zuhause ihre verbleibende Zeit zu verbringen. Das ist durchaus nachvollziehbar, da das gewohnte Umfeld Sicherheit bietet und mit schönen Erinnerungen verknüpft ist.
Diesem Wunsch kann ebenfalls entsprochen werden. Die ambulante Versorgung wird durch ein Team aus Medizinern, Pflegekräften, Physiotherapeuten und Psychotherapeuten umgesetzt.
GUT ZU WISSEN!
Patienten, die über ein sehr schlechtes Allgemeinbefinden verfügen oder solche, bei denen die Sterbephase bevorsteht, haben einen Anspruch auf die ambulante Versorgung.
Voraussetzung ist, dass die Betroffenen krankenversichert sind. Sowohl niedergelassene Mediziner als auch Fachärzte oder Ärzte im Krankenhaus können die sogenannte SAPV verordnen.
Hospize begleiten auf dem letzten Weg
Hospize erfüllen eine wichtige Aufgabe. Sie stehen Patienten in der letzten Phase des Lebens zur Seite und sind auch für die Angehörigen da. Im Mittelpunkt stehen dabei soziale, seelsorgerische und psychische Bedürfnisse des Kranken.
Hospize sehen den Sterbeprozess und den Tod als feste Bestandteile des Lebens an. Sie setzen sich dafür ein, dass Sterbende nicht aus der Gesellschaft ausgestoßen werden, sondern ganz selbstverständlich am Leben teilnehmen.
Auch hierbei geht es nicht darum, das Leben künstlich zu verlängern oder vorzeitig zu beenden.
Die Hospizarbeit profitiert von einer engen Zusammenarbeit verschiedener Akteure. Hier nehmen pflegerisches und ärztliches Personal ebenso eine Rolle ein wie Familienmitglieder, Freunde und ehrenamtliche Helfer. Auch Seelsorger und Sozialarbeiter kümmern sich um den schwerkranken Patienten.
Hospize unterstützen den Wunsch nach Einbindung in das Familienumfeld. Sofern die Voraussetzungen dafür erfüllt werden können, ist es Patienten so möglich, lange Zeit im Verbund ihrer Angehörigen zu verbleiben.
Für Familienmitglieder oder Freunde ist besonders interessant, dass die Hospizarbeit über den Tod hinaus geleistet werden kann. So wird eine Unterstützung bei der Trauerbewältigung angeboten.
GUT ZU WISSEN!
Es gibt sowohl ambulante als auch stationäre Hospize in Deutschland.
Hospize und Palliativstationen – Sterben in Wohlfühlatmosphäre

Stationäre oder spezialisierte Palliativangebote können im Rahmen einer Palliativstation, einer palliativmedizinischen Tagesklinik oder einem Palliativdienst in der Klinik umgesetzt werden.
Eine Palliativstation ist zwar an ein Krankenhaus angebunden, agiert aber eigenständig. Den Patienten stehen verschiedene Berufsgruppen zur Seite. Ein Mediziner ist stets erreichbar, was für Kranke ein großer Vorteil ist.
Viele Menschen denken bei einem Hospiz oder einer Palliativstation an karge Krankenhausräume. Deshalb fällt es einigen Patienten schwer, sich mit dem Gedanken anzufreunden, sich in die Obhut solcher Einrichtungen zu geben.
Nicht selten sind Schwerkranke dann überrascht, dass die Zimmer wohnlich gestaltet sind. Tatsächlich möchten die Betreiber nicht den Eindruck eines sterilen Krankenhausbetriebes erwecken.
Der Patient sollte sich wohlfühlen. Nicht zuletzt deshalb, weil in einigen Fällen schwer abzusehen ist, wie lange der Sterbeprozess andauert. Angehörigen wird sogar die Möglichkeit gegeben, in der Einrichtung zu übernachten.
Auf diese Weise kann der Patient von wertvollen Kontakten rund um die Uhr profitieren. Das ist insbesondere in den letzten Tagen und Stunden sowohl für Betroffene als auch für Angehörige wichtig.
GUT ZU WISSEN!
Menschen, die unter schlecht behandelbaren Schmerzen oder Atmungsstörungen leiden oder Probleme mit der Ernährung sowie der Verdauung haben, können auf eine Palliativstation aufgenommen werden.
Grundsätzlich wird dabei vorausgesetzt, dass eine Behandlungsbedürftigkeit im Krankenhaus besteht.
„Ich habe Angst vor dem Sterben“
Abschied von der Welt zu nehmen, fällt nicht leicht. Geliebte Menschen hinter sich lassen und nicht zu wissen, ob und was nach dem Tod kommt, das führt zu Ängsten beim Sterbeprozess.
Zudem fürchten sich Betroffene vor einem qualvollen Tod. Diese Vorstellung beunruhigt aus nachvollziehbaren Gründen auch die Angehörigen. Allerdings kann der Großteil der Schmerzen heutzutage erfolgreich behandelt werden.
Patienten sind mit ausgewählten Schmerzmitteln (Opiaten) nahezu schmerzfrei. Die Nebenwirkungen sind bei einem individuellen Therapieplan überschaubar. Mediziner betonen, dass psychische Abhängigkeiten dabei eine untergeordnete Rolle spielen.
Fazit
Die Palliativmedizin setzt sich dafür ein, dass Patienten ohne Furcht vor Schmerzen sterben können. Zudem steht sie den Betroffenen bei, da der Sterbeprozess mit emotionalen und sozialen Konflikten in Verbindung stehen kann. Bei organisatorischen Aufgaben unterstützt die Palliativmedizin ebenfalls.
Von der palliativen Versorgung kann jeder Patient profitieren, der als unheilbar krank gilt. Ein Team aus Medizinern, Seelsorgern, Pflegekräften, Psychotherapeuten, Physiotherapeuten und Sozialarbeitern stellt den Patienten in den Vordergrund.
Die individuellen Bedürfnisse spielen dabei eine wichtige Rolle. Sollten Sie sich dafür entscheiden, Ihre verbleibende Zeit zu Hause zu verbringen, kann Ihnen eine ambulante Palliativversorgung zur Seite stehen.
Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, stationäre Angebote anzunehmen. Hierbei stehen die Hospizarbeit, die übrigens auch ambulant stattfinden kann, und die Palliativstationen im Vordergrund.
Angst vor klinischen Räumlichkeiten müssen Sie nicht haben. Entsprechende Einrichtungen sind sehr wohnlich gestaltet. Zudem gibt es die Möglichkeit, Ihre Angehörigen dort übernachten zu lassen.
Die Palliativmedizin sieht den Sterbeprozess als natürlichen Bestandteil des Lebens an. Das bedeutet aber nicht, dass Schmerzen einfach so hingenommen werden müssen. Mit ausgewählten Therapieoptionen gelingt es, quälende Beschwerden zu lindern und das Wohlbefinden zu steigern.
Sollten Sie sich für palliativmedizinische Maßnahmen interessieren, können Sie Ihren Hausarzt oder Onkologen befragen. Er kann Ihnen Informationen zum Aufnahmeprozess und zur Kostenübernahme beantworten.
Quellen:
- https://www.krebshilfe.de/infomaterial/Blaue_Ratgeber/Palliativmedizin_BlaueRatgeber_DeutscheKrebshilfe.pdf
- https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Leitlinien/Palliativmedizin/LL_Palliativmedizin_Langversion_1.0.pdf
- https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/palliativtherapie/bessere-lebensqualitaet-durch-palliativmedizin.html
1 Kommentar zu „Palliativmedizin – mehr Wohlbefinden in der verbleibenden Lebenszeit“
Interessant, dass die allgemeine Palliativversorgung zur Anwendung kommt, wenn die Symptome relativ gering ausgeprägt sind. Je nach Symptomatik und Schweregrad sind die Bedürfnisse nochmal individuell. Genau genommen, ist doch das die letzte Stufe vor einer Bestattung.